Rausblick

Ein Text als Rausschmeißer, wir sagen Tschüss und machen keinen Termin für ein weiteres Date fest. Ein Fest war dieses Jahr nicht. Was war es denn? Ich denke häufiger darüber nach, will einstimmen in einen A-Capella-Chor, der das Grausen dieses Jahres beflüstert. Ohne Krach und Orchester. Aber auch: ein Jahr unter vielen, Menschen sterben, ständig, dieses Jahr mehr, die mir durch Fernsehen und Lautsprecherhin durch was bedeutet haben, als andere. Liegt das am Alter? Dass jetzt nicht nur mehr Menschen mit ihren Erfahrungen in Mainstreammedien vertreten sind, die ihre Grundschulzeit mit ähnlichen Spielzeugen verbracht haben wie ich, sondern auch mehr Menschen, zu denen ich seit Grundschulzeit aufsehe, so alt werden, dass sie sterben. Wie wir, die wir Diddl-Blattblätter sammelten und Tamagotchis zu füttern vergaßen, den gleichen Weg gehen werden wie diese. Das Jahr geht, ich denke übers Sterben nach und kann nur raten. Es gilt, was mir letztes Jahr schon durch den Kopf ging, nur mit größerem Knall:

„Die Dinge, die außerhalb meines Schreibzimmers passierten, waren oft schlimm. Ich glaube, diese Konstante bleibt von Jahr zu Jahr. Zu sagen es sei ein gutes Jahr gewesen, politisch, das kann nur ignorant sein. Irgendwas ist immer. Schlimmer ist: Menschen sterben und sollen es nicht. Bei System und Struktur können wir uns wenigstens wünschen, dass was zu ändern geht. Doch Menschen sterben und es ist unumwünschbar.“

Schlimmer dieses Jahr: System und Struktur. Eine Wahl, die mir den Atem nahm. Alles, was ich dieses Jahr geschafft habe, verschimmert hinter Gewalt. Und trotzdem: Für mich ein tragbares Jahr, weil es hatte, was die besten Jahre brauchen, um groß zu werden. Freund_innen. Cheers to you, my dear ones!

Wir verabschieden uns jetzt, herzloser, fast erleichtert. Das Versprechen, nachdem 2016 zur Tür rausgeschoben ist, Tür dagegengedrückt, zu: das nächste Jahr umarme ich, bis es nicht mehr weiter weiß. Das nächste Jahr will ich liebhaben, bis es das erwidert. Weiter weiß auch ich nicht.