31.3.

zu tun –

Eine neue Aufgabe bekommen bei meiner Minijob-Lohnarbeit, weil eine meiner Aufgaben weniger wird und ich soll ja auf meine Stunden kommen. Überweisungsscheine scannen, kein Ding, drei Postkisten voll, es hätten auch sieben Kisten sein können, ich mache es sonntags, wenn ich alleine in dem Büro bin, in dem der Scanner steht, denke, das ist sicher chill: ich kann auf einem Schreibtischstuhl sitzen und Podcasts hören. Pro Kiste brauche ich fast eine Stunde. Und schreie durch die leeren Flure, wenn das dünne Durschlagpapier, das, das ich im Labor so mochte, weil es sich leicht falten lässt, wenn man die Scheine nach privat, kurativ und Vorsorge sortiert, ehe man Abstriche darauf legt, wenn dieses Papier im Scanner steckenbleibt oder sieben davon auf einmal durchrutschen, und ich muss sie rausziehen, um sie noch mal zu scannen, während bereits die nächsten Papiere im Takt nachrutschen. Bin Babysitterin für Papierstau, more or less. Es ist eine seltsame Mischung aus Frustration und Langeweile. Ich weiß noch nicht, wie ich das finden soll: es ist komfortabel verdientes Geld, ist keine körperlich schwere Arbeit, ich kann sitzen, allein sein, mir Zeit nehmen, mich dabei anderweitig entertainen, dafür kann ich dankbar sein, andere arbeiten sehr viel schwerer für das gleiche Geld. Aber es ist auch eine unfassbar stupide Arbeit, und die Frage, was werden könnte, wenn ich die gleiche Zeit dafür aufwenden würde, etwas zu tun, worin ich gut bin, und sogar bezahlt werden dafür?

to do –

Ich mag zeitlich abgeschlossene Projekte, oder Challenges meinetwegen, und bin erleichtert, dass ich dieses Jahr vor dem Beginn des #the100dayproject mitbekommen habe, dass es stattfindet (danke Caro <3). Ab dem 2. April irgendein Ding machen, es jeden Tag auf Instagram dokumentieren, bis zum 2. April Zeit zu überlegen, was dieses Ding sein soll. Schreiben, zeichnen?  Es gibt ja schon ein paar Sachen, die ich jeden Tag mache, mehr oder weniger. Ich schreibe hier, auf 750words.com, kritzele für jeden Tag (nicht immer an jedem Tag) ein Bild vom Tag in einen Wandkalender, übe Rumänisch, oder mache Yoga, auch wenn ich da vor einer Woche rausgefallen bin. Was ich neu machen könnte? Jeden Tag mit der analogen Kamera fotografieren ist quatschi, weil es so lange dauert, die Bilder zu entwickeln. Geige üben? Ohne Unterricht ist das wie gegen eine Wand spielen, aber Videos davon wären sicher witzig. Nähen könnte ich gerne, aber die Nähmaschine rauszuholen, jeden Tag, nicht nicht gerade voraussetzungsfrei. Ich will was machen, was wenig Aufwand ist. Stricken vielleicht, zum Beispiel täglich ein Quadrat, das in 100 Tagen zu einer großen Decke wird? Ja, naja, das ist so unfassbar unkreativ, immer das Gleiche, ich würd auch gerne besser werden in irgendetwas, oder einen Prozess sehen, wenngleich in klein und repetetiv. Was ich schön fände, wäre jeden Tag ein Gedicht schreiben. But beware: uneditierte Gedichte sind schnell superpeinlo. Was ich auch schön fände, wäre was zeichnen, mach ich aber auch schon, und außerdem: was? Also schöner, anders schön, eine Idee, ich muss noch darüber nachdenken. Ein Ding mit Text und Bild. Noch ohne Hashtag. In Quadratform, einrahmbar am Liebsten, auf Papier. Auf der Mansarde steht mein neuer Schreibtisch, noch verpackt, noch nicht aufgebaut. Einen Arbeitsplatz für sowas, für anderes, bis zum 2. April, das bekomme ich hin. 

30.3.

Ich backe um 23 Ubr Brownies und esse sie um Mitternacht. Das Rezept ging auf, ein Video für die besten Brownies ever, mit Testreihen, mit Erklärungen, warum man was machen soll, zum Beispiel den Teig zehn Minuten rühren, damit viel Luft reinkommt. Das ist lange, wenn man das Handrührgerät festhält, statt auf eine Küchenmaschine zu setzen, lang genug, dass ich dabei Serien sehe, mit Untertitel, und immer wieder auf die Uhr sehe, nein, noch nicht, dauert noch ein bisschen. Und wird dann genauso wie im Video, tatsächlich.

Ich räume das teigverklebte Geschirr weg, wische die Arbeitsfläche. Die Brownies sind geworden, wie sie beschrieben sind, gooey, ich weiß nicht ob ich das mag. Außerdem zu süß, kann man das auch unter Textbildschere fassen, vielleicht, dass man Geschmack nicht anhand von Bildern imitieren kann?

Ich scrolle auf dem Sofa rum, mein Partner sitzt auf dem Balkon und spielt Tablet-Games, es sieht aus wie Angry Birds, aber ich habe den Anschluss verloren, man boostet die Vögel mit denen man spielt, dann werden sie größer, stärker, ausgerüsteter, es interessiert mich eigentlich gar nicht. Wir treffen uns in der Küche wieder, es ist plötzlich halb vier Uhr morgens. Dass wir beide noch wach sind, weird, dass er um die Zeit noch wach ist, super weird. Dann fällt mir ein. Da war was, zwischen zwei und drei. Ein Luftanhalten, mehr nicht.

Ich verstecke mich in der Küche, im Dunkeln, als er das kleine Kind weckt, um es umzuziehen, Windel zu wechseln, neue Milch zu bringen. Es soll mich nicht sehen, es soll einfach wieder einschlafen. Und ich kann schlafen gehen beim großen Kind. Oder gar nicht schlafen gehen – denn es ist vier und ich bin müde als wäre es erst zwei. Wach bleiben, bis aus seize the day nach Mittag snooze the day wird. Haven‘t yet made up my mind.

29.3.

Wie ich an der U-Bahnhaltestelle wartete und ein Mann, in einiger Distanz, rumpoltert, schimpft und ich drehe mich um, er sagt das alles nicht zu sich, sondern zu einer anderen Frau, und er sieht nicht gut aus, ist mutmaßlich alkoholisiert. Das, was er sagt, über „Penner“, „ungewaschen“, aber rassistisch to its core, es kommt mir wie Projektion, als sage er über andere, was andere über ihn gesagt haben könnten. Er klappert alle erfindlichen Vorurteile ab, bezieht sich auf andere Menschen am Bahnsteig, etwas weiter weg als ich, aber er ist laut genug, dass alle ihn hören können. Im Bauch ein Knäuel, und ich versuche es zu entzerren, wäge meine Möglichkeiten ab. Was ist effektiv, was ist gefährlich. Zu ihm gehen, sagen: „Hören Sie auf, so einen rassistischen Müll zu erzählen, seien Sie still“? Ich erinnere mich, dass man Leute, die belästigen, nicht direkt konfrontieren soll, ich bin kleiner als er, finde ihn unberechenbar, also was stattdessen? Die Frau, die neben ihm steht, zu der er das alles über andere Menschen sagt, sie steht nah bei ihm, ich meine sie lächelt, aber sie sagt nichts, nicht hörbar jedenfalls. Ich beginne, stellvertretend auf sie wütend zu werden, warum sagt sie nichts, warum geht sie nicht weg, merkt sie nicht, dass sie ihn als Gesprächspartnerin, oder mindestens als Gesprächsfläche legitimiert? Als sie mit mir in die U-Bahn steigt, merke ich, dass sie und er nicht zusammengehören, sie nimmt nicht die nächste Tür, sie geht einen Wagen weiter. Als sie sich mir gegenübersitzt, hat sie feuchte rote Augen. Und ich denke an die vielen Situationen, in denen Männer mir unangenehme Gespräche aufgedrängt haben und ich versucht habe, sie wegzulächeln. Situationen, in denen betrunkene Männer sich übergriffig verhielten, und ich versucht habe, mit Mitleid immerhin innerlich Distanz zu halten. Situationen, in denen ich mich bedroht gefühlt habe, und versucht habe, einfach zu warten, bis sie vorbeigehen. Nicht wirklich eine Strategie, eher ein State of mind, Schmerz aushalten, in der Hoffnung, dass er vor selbst weggeht, wenn man das bei Zahnweh schafft, geht das auch in anderen Bereichen. Ich habe selbst ja nichts anderes gemacht, gewartet bis die Bahn kommt, gehofft, dass er aufhört. Ich frage die Frau, ob alles in Ordnung ist, ob sie weint. Sie sagt, die roten Augen, ach, das sei nur, weil sie so früh aufstehen muss. Ich verstehe es so, dass sie nicht darüber reden will, und das ist okay für mich. Was ich über sie denke und vermute, es könnte auch nur Projektion sein. Als versuche ich mich selbst zu sehen. Was ich sehe ist, dass es jetzt wirklich Zeit ist, einen Kurs zu machen, um zu üben souveräner mit solchen Situationen umzugehen. Es wird nicht die letzte sein.

28.3.

Was ich nie lernen werde: dass es keine fun-time Nachmittagsaktivität ist, einen Familienausflug zu Ikea zu machen. Trotzdem denke ich, bei Sonnenschein und aufgeräumter Wohnung um 15 Uhr, schon wieder: Komm, lass mal zu Ikea fahren, ist bestimmt fun.

Das ist keine Story über Ikea als Ort, der von anderen Menschen zu einer Satreschen Hölle gemacht wird, es ist nur die Story, ohne besonders spannungsreichen Plot, was für eine dumme Idee das ist, wenn man einfach mal eine gute Zeit miteinander verbringen will, dann einfach mal zu Ikea zu fahren, und das auch noch mit Möbelkaufabsicht. Die Autofahrt dahin, super chill, man muss nur sitzen. Der Restaurantbesuch davor, ich will schreiben semi-chill, man sitzt ja auch, aber dann erinnere ich mich an das Baby, das nicht getragen werden will und lieber laufen (eigentlich nicht schlecht) und dabei versucht, alle Kuchen in Laufhöhe anzupatschen (eher schlecht). Es sind wenige Leute unterwegs, so chill dann doch dass beide Kinder durch die Möbelausstellung intervallkrabbeln können, ohne wem im Weg zu sein.

Später probieren wir Möbel aus, in einer recht unterschiedlichen Intensität, so von groß nach klein. Der Mann gar nicht, ich sitze zwei Schreibtischstühle vorsichtig probe, das große Kind will auf ihnen karusellgedreht werden und das kleine Kind will sie umschubsen, drumrumrennen, alle Props aus allen Schubladen rausschmeißen und drei Packungen Whiteboardstifte vor der Brust balancieren. Nicht, dass es dabei nicht charming wäre. Es hält Leuten die Abkürzungsschwingtür auf und will dann selbst auf der anderen Seite verschwinden, die Leute warten natürlich aufmerksam in Babynähe, bis ich es wieder aufgespürt habe. Noch später spielen beide Kinder in der Spielzeugabteilung. Einvernehmlich, im Flow, es ist schön anzusehen, aber die Aussicht darauf, sie rausziehen zu müssen, weil es fünf vor Sandmännchen ist und die Uhrzeit allein auf zwei tickende Zeitbomben hindeutet, die ist nicht so schön. Da spielen sie noch und wissen nichts von der Uhrzeit und ihren Folgen. Das kleine Kind krabbelt durch einen Tunnel und drei junge Erwachsene, die vorbeigehen, sind ganz verzückt, wollen mit ihm schäkern, als es da raus ist, aber es reagiert nicht. Sie geben auf, gehen weiter, da sagt sie zu dem der beiden jungen Männer, der sicher ihr Boyfriend sein wird, so wie sich bei ihm einhakt: „Ich will auch so eins!“ Drei Minuten später hätte sie es schreien hören können, da bin ich dafür, dass wir weitergehen und das Baby nicht, so ist das manchmal.

Am Ende haben wir einen Schreibtisch in zwei riesigen Paketen und Solarlampions für den Garten. Natürlich passen die Pakete nicht ins Auto, denke ich, überlege noch, ob ich das große Kind auf den Schoß nehmen soll oder lieber selbst mit Bus und Bahn heim. Das Baby ist müde und aufgedreht, das große Kind ist aufgedreht und hibbelig, bis einer heult, aber wir passen doch rein, Kind und Kegelbahn. Zweigeteilt durch ein Riesenbrett von Rücksitz bis Armaturenbrett, können uns anschnallen, Schalten geht auch und als wir zuhause nach einem Parkplatz suchen, sind die Kinder schon längst eingeschlafen.

Ich folge jetzt ihrem guten Beispiel.

27.3.

Als Grundschulkind habe ich im Sportunterricht immer (und ausschließlich) gewonnen, wenn wir Meister der Ruhe gespielt haben. Einfach so lange rumliegen, ohne sich zu bewegen, bis die Sportlehrerin das Spiel für beendet erklärt, und wer am Ende noch liegt und nicht voher rausgezogen wurde – Winner! Der eigentliche Gewinn war es aber, einen Platz auf der dicken Sportmatratze zu schnappen, die die sonst mit einem langen Band mit Schnappverschluss an der Wand angeschnallt war, mit Wums umgekippt, ein komfortables kühles Meer und ich tat darauf, als würde ich schlafen. Blieb liegen, als das Spiel schon abgeblasen war, oder versuchte es zumindest. „Frau J., die Nicole ist eingeschlafen!“

Jetzt schlafe ich als einzige nicht, bleibe als einzige übrig im Waschsein, also offiziell. Das Baby erzählt im Schlafzimmer noch Stories, nei nei nei neu na usw., aber da ist das Licht aus, Schlafenszeit, schon seit hundertmillionen Stunden. Das große Kind schläft heute auf einer faltbaren Mitnehmmatratze, ich hab erst „nee, lieber nicht“ gesagt, weil ich fürchtete, das sei zu unbequem, um einzuschlafen, aber es erinnerte mich daran, dass es damit bei der Kitaübernachtung ja auch ganz gut geklappt habe. Touché. So habe ich gleich das ganze schöne 90cm breite Bett für mich, für Meisterin der Ruhe, aber weicher, zugedeckter und so lang wie ich will. Vielleicht.

26.3.

Wie mir schon die Augen zufallen und ich träume, dünn wie durchscheinendes Papier, von neuen unrealistischen Alltagszwängen, die verschwinden, wenn ich die Augen nicht mehr schließe. Rütteln, ein Wachrütteln.

Das Baby im tagelang getragenen Pyjama, ich rieche an den schlafverschweißten Käsefüßchen und nehme noch eine Nase voll, und noch eine.

Träger Tag. Kein Trägertop, um das Haus in sportlicher Absicht, zu verlassen, ich trinke Kaffee in warmen Tassen und lese. Den Ursprung der Welt, endlich. Lese nebenbei, statt die Küche zu machen oder Mails zu schreiben. Was halt so ansteht an dringenden oder wichtigen Aufgaben.

Das Wichtigste, das Dringendste jetzt: rumdrehen, Äuglein zu und träume  dick wie Tonkarton. Egal von was.

25.4.

how to unfuck this —

Das kleine Kind hat Fieber und ich schlafe nicht, um morgen, wenn ich es betreue und nicht Profis, wach und ausgeruht zu sein, ich bin wach und selbst schuld.

But no more!

// und ab.

24.4.

Ich kann mich nicht entscheiden, wann Magnolien mir die Liebsten sind. a) Kurz bevor die Blüten sich öffnen, eine Verheißung. b) In voller Blüte, eine Pracht. Oder c) schon halb im Fall, ein Regen, auf Konfettiboden großformatig rosa.

Frühling macht, dass ich mich bewegen will. Jetzt nicht Sport oder so, auch nicht Frühjahrsputz, Fensterwischen, Magic Cleaning, nicht mehr als zu anderen Jahreszeiten, also grad gar nicht. Frühling macht, dass ich irgendetwas ganz neu anfangen will. Ein Buch. Mich bewerben auf eine Stelle, eine Ausbildung, ein neues Studium, oder umziehen, oder. Vor zwei oder drei Jahren habe ich versucht, Flugbegleiterin zu werden, aus einem Frühling heraus. Die schönste Absagemail erhalten, serviceorientiert sozusagen. Dieses Jahr mache ich Inselhopping mit dem Gedanken, mein altes abgebrochenes Studium wieder aufzunehmen, abzuschließen. Ich weiß nicht, ob das geht, ich traue mich noch nicht, zu fragen, was ist eigentlich mit der Eignungsprüfung, aber es flirrt zwischen den Rippen, es könnte etwas sein. Weil ich jetzt weiß, was ich will, weil ich weiß, wie studieren funktioniert, worauf ich mich konzentrieren muss. Ich will, dass sich etwas ins Richtige ändert, über Frühlinge hinaus – das ist nur mein Vormärz.

 

23.3.

Auf einen Baum geklettert, nicht wieder heruntergekommen. Da muss die Feuerwehr kommen, sage ich. Die ist dafür nicht zuständig, sagt das große Kind. Na gut. Ich hüpfe runter und assistiere nur noch.

Neben uns noch ein Kind mit erwachsener Begleitperson. Sie spricht Schwedisch, das Kind antwortet auf deutsch. Mir kribbelt es in den Fingerspitzen, will gerne Schwedisch mit ihr sprechen, mich in die Konversation schmeißen. Am Ende sagt sie was, dass ihr Kind Platz machen soll für mein Kind, das selbst wieder hochklettert, da werfe ich ihr ein „Ingen fara“ zu, macht doch nichts. Der doppelte Blick, eine Irritation, weil sie versteht, aber erst sortieren muss, was sie versteht. Ihr Kind fragt auf deutsch, was ich gesagt habe, sie wiederholt es auf Schwedisch. Dann hüpft es mit Geleit vom Baum und sie gehen in eine andere Richtung. Und ich merke, dass ich keine Gelegenheitsverbindung geschafft habe, keinen Raum für ein bissi Småprat, sondern ihr sicher nur das Gefühl gegeben habe, dass ich sie beobachte, belausche. Upsi. (Förlåt. Jag längtar.)

In den Rumänischlektionen bei Adjektiven angekommen. Frumosă ist mein Lieblingswort, die Drehung nach oben, die das O macht, ist eine Butterlocke auf der Zunge, oder ein Schluck Quellwasser im Hals.

Oma hat mir gestern am Telefon ein Wort gesagt, das sie zu mir sagte, als ich noch klein war, wenn ich auf der Treppe die Arme ausbreitete und „Baby“ gesagt habe, weil ich getragen werden wollte. Ich kann mich daran nicht erinnern. Das Kosewort klingt so ähnlich wie Prăpădită, ich soll es nachgesprochen haben als Papa-Dita, mit kinderklarem A. Ich google Prăpădită, die Übersetzung, die als erstes angezeigt wird, lautet Zerstörung.

 

22.3.

Meine Oma ruft an, da bin ich gerade mit dem großen Kind alleine und damit beschäftigt, mehr Erde und mehr Saat in Anzuchtschalen zu pressen. Große Tomaten, Blumen, Broccoli. Da erzählt sie von einem Märchen, das ihr passend dazu gerade eingefallen ist. Erzählt es, wie man Märchen erzählt, mündlich, aus der Erinnerung. Ein rumänisches Märchen, sagt sie, ich will wissen, wie es heißt, um es nachzuschlagen, aber das weiß sie nicht mehr. Sie erzählt nicht nur die Handlung, grob, für die Pointe, sie erzählt es so, wie man ein Märchen erzählt, mit Details und Suspense, es ist schön, es ist eine überraschende Abwechslung von ihren Geschichten über den Herrn Jesus. Es ist überhaupt etwas Besonderes, ein Märchen nicht vorgelesen zu bekommen. Ich soll es dem großen Kind erzählen, so dass es das gut versteht, ich verstehe sie so, dass sie vermutet, sich mit ihrem Deutsch gegenüber dem Kind nicht verständlich genug zu machen. (Ich will nicht gebrochen schreiben, um ihr Deutsch zu beschreiben, so als sei es eine gewaltvolle Niederlage, gebrochen ist überhaupt ein furchtbares Adjektiv um über Sprachkompetenz zu sprechen, und rassistisch dazu.)

Ich erzähle dem Kind vorm Einschlafen das Märchen, und es verändert sich im Sprechen. Ich höre mich anderes ausschmücken, manches klarer benennen, manches nicht, und eh anders zu gendern als sie. Die Geschichte, so wie sie mir erzählte, entgleitet mir, ich kann sie nicht fixieren, und wünschte, ich hätte sie aufnehmen können, um sie mir selbst später zum Einschlafen anzuhören. Ich sage, es war einmal, sie fing anders an, aber ich weiß nicht mehr wie. Da, wo sie andeutet, was die Pointe bedeutet, die ich verstehe, fragt das große Kind nach, weil es die Wendung nicht nachvollziehen kann, will sie erklärt haben.

Eigentlich wollte ich einfach nur das Märchen hier aufschreiben, vielleicht für einen Hinweis, unter welchem Namen es aufgeschrieben ist, wo es wirklich herkommt, welche Varianten es davon gibt. Aber ich fürchte mich, der Erzählung nicht gerecht zu werden. Den Plot, den bekomme ich immerhin zusammen, und freue mich, wenn jemand die Geschichte erkennt:

Ein König ist kinderlos und sucht nach einem_einer Nachfolger_in. Dafür gibt er jedem Kind in einem Ort ein Samenkorn, und das Kind, dessen Pflanze am schönsten gewachsen ist, soll neue_r König_in werden. Die Kinder, mit Hilfe ihrer Eltern, stecken sicherheitshalber auch noch einen eigenen Samen in den Topf, und als der König nach einiger Zeit wiederkommt, steht vor jedem Haus, vor jedem Tor ein Kind mit einem Topf und keine Pflanze ist wie die andere, alle sind unterschiedlich. Schließlich kommt er zu einem Haus, vor dem kein Kind mit Topf steht. Der König steigt aus seiner Kutsche und geht ins Haus, fragt nach nach dem Samen. Das Kind ist beschämt und traurig, sagt, dass keine Pflanze gewachsen sei. Da nimmt der König es in den Arm und sagt: Du sollst mir nachfolgen, du wirst neue_r König_in. Das Kind und sie Eltern sind verdattert, und der König erklärt, dass er alle Samen gekocht habe, ehe er sie verteilte. Und dass jenes Kind König_in werden solle, das der Wahrheit verbunden sei.

Meine Oma bezieht den Schluss auf Jesus, natürlich, er sei die Wahrheit, usw. Das große Kind findet, die Geschichte ist zu … kurz. Und ich bin dankbar zwischen den beiden zu stehen, mit Erde unter den Findernägeln, die Handflächen voller Samenkörner.