Oktobergold, aber eiskalt. Das ist über Nacht passiert. Ein Montag – der Beginn der Vorlesungszeit und der Beginn einer neuen Kindergruppe, bei der ich ab jetzt Gruppenhelferin bin. Ein Tag voll mit Hin- und Herfahren, Konzentration und mutigen ersten Malen. Der Okober der anderen, die nicht wie ich sonst vergessen, sich einzutragen, findet sich bei Draußen nur Kännchen.
Mit dem Licht wachwerden, unter Wasser. Mein Shampoo riecht so weich wie die Fensterscheibe leuchtet. Ich föhne und kämme meine Haare zur Feier des Tages.
Mich endlich wieder morgens an die Tatstatur gesetzt um meine 750 Worte zu schreiben, nachdem ich sie eine Woche lang nachts vorm Schlafengehen ins Textfeld schummelte. Es geht viel leichter so.
Dann alles Weitere für die Uni fertig vorbereitet, geguckt, wo ich hin muss, mich für einen neuen Ballettkurs angemeldet, meine allerliebste Tasche gepackt. Ready to rumble!
Die Uni, die einerseits eine wichtige neue Adresse hat, aber gleichzeitig Verwirrung mit einem zweiten Adornoplatz als Präsidiumsadresse stiftet. Auf dem Klo bei den Neuen Philologien gibt es gratis Lebensratschläge. Vielleicht ist es auch bloß ein Filmvorschlag.
Paternoster fahren just because. Und endlich endlich traue ich mich und drehe eine Runde übers Dach. Halte mich am Griff fest, als alles dunkel wird. Dann ist es auch schon vorbei. Das war alles? Gleich noch mal! Ein Stockwerk unter mir unterhalten sich Leute auf Englisch und vergleichen die Fahrt mit einem „Disney ride“. Ja, so ungefähr.
Danach fahre ich weniger spektakulär S-Bahn und stricke. Ich habe eine Strickdeadline.
Am Nachmittag sammle ich in Hast Platanenblätter im Park auf, um später mit 4-6 Jahre alten Kindern Kronen daraus nähen zu können. Was anscheinend nicht geht, ohne von einer Gruppe Männern von Weitem belästigt zu werden. Die wollen wissen, was ich da mache und rufen mich wie andere Leute ihren Hund, sie versuchen mich zu sich zu pfeifen, wollen meine Aufmerksamkeit und verlangen Antworten, in einem Ton als seien sie meine Vorarbeiter. Oder die Polizei. Ich will meine Ruhe. Ich will in Ruhe Herbstblätter von der Wiese auflesen können, ohne so einen Scheiß. Und schalte automatisch in den Selbstschutzmodus: ignorieren, keinen Blickkontakt herstellen, mir vorstellen, sie seien nicht da. Wünsche ihnen das Peinlichkeitsgefühl davon, ins Leere gerufen zu haben. Lieber hätte ich ihnen den Finger gezeigt, aber ich kann das Risiko nicht einschätzen.
Die Kinder gehen später mit ihren selbstgemachten Kronen nach Hause, ein gutes erstes Gruppentreffen, und ich kann den Rest meines Herbstlaubes gegen sechs Flaschen selbstgemachten süßen Apfelsaft tauschen.
Später in der Straßenbahn mutmaßlich ein Überbleibsel von der Demo zum Internationalen Tag der Mädchen. „Wir bestimmen wer uns anfassen darf!!!“ und „Mädchen sein ist keine Krankheit! Mädchen sein ist GUT!!!“ steht da. Große Liebe für alle lauten souveränen Mädchen, die sich nichts gefallen lassen, die um ihren Wert wissen. Und für die leisen auch.
Mit dem Kind geholfen hochzuklettern, weiter, immer weiter. Demnächst trage ich es zur gläsernen Decke, nehme einen Hammer in den Mund und wenn es sicher auf meinen Schultern steht, kann es ihn greifen und loslegen.
Für den Abend allein habe ich geplant, Serien zu stricken, äh, Serien zu sehen und zu stricken und Kakao zu trinken, aber dann bin ich gar nicht allein, sondern führe Gespräche über Lyrik, Wohnungen und erste Küsse und das ist auch sehr schön.