Früh am Ausschlafmorgen, die Abenteuerfreundin klingelt pünktlich. Es geht in den (fernen) Osten der Stadt und weiter. Alles zu Fuß. An den Straßen stehen Männer, die aussehen, als warten sie auf Arbeitsbeginn, einige pfeifen. Zugbegleiter, der aus dem Führerwagen hüpft, am Gleis vorangeht, die Straße freihält (also Zuglotse), wieder an Bord springt; keine beschrankten Bahnübergänge im Industriegebiet. Aber Würstchenstände, Lastwagen (Lastwagenfahrer pfeifen auch, oder machen eine Geschenkgeste, wenn man die Straße überquert), schaufelnde Bagger in Schutt, eine Intzestraße beim FKK-Beach (Hihihi). Autobahnbrücke mit Mofa auf Fußgängerweg, dann offiziell Offenbach und das Spiel eingebildete Großstädterin beginnt. Ich hätte es mir nicht so lustig vorgestellt. Das graue Rathaus also. Dahinter die erste Spielplatzerprobung, Schaukelente, leider langweilig. Ich kann alle Himmelsrichtungen. Anderes Industriegebiet, dann einmal nach links und Land! Schrebergartenträume, Erntedankplanungen, Frauenbuchideen. Felder und (Lach-)Wiese und Sträucher, in denen mein Poncho hängen bleibt. Bienenbaumidylle. Feuerkäfer paaren sich, Schmetterlinge haben mutmaßlich Gruselgesichter und wir erreichen Vororte. Der Schaukasten der Freiwilligen Feuerwehr wirbt für goldene 80er mit DJ-Uwe im Pferdestall, daneben steht ein weißes Schloss. Da wohnen Menschen drin. Kinder mit Spielzeuglastern und bunten Fahrrädern. Wir sitzen auf Stufen und pusten die Füße und huch, ist mein Apfel feucht, aber das ist Regen. Ein bisschen. Die erste Fähre, daneben Weiden und Bänke und Strandsand, wir überqueren noch nicht. Lieber über Stock und Stein und Wurzelweg und übers Feld ans Gatter, da sind zwei Pferde. Pferde! Die werden größer, je näher man kommt. Kann man sich ans Geländer lehnen und ihnen beim Kauen zuhören, die kauen laut. Knrrrp, knrrrp, das klingt tatsächlich lecker. Dem einen die Hand an die Nüstern halten, so weich! Dem anderen den Hals streicheln, so warm! Ich bin verliebt, aber ich verliebe mich leicht. Ehe wir Pferde-stehlen-Witze machen können, kommen die Besitzer, holen die Pferde und gehen mit ihnen Gassi. Verrückte Tiere; sie spielen Basketball und halten Teekränzchen. Die Freundin macht Zigaretten-, ich mache Kekspausen, dann erreichen wir Mühlheim und lernen, wem nach wem nach wem nach dings die Mühle mal gehörte. Mediterrane Gaststätten, unsere ist ein Herzort für alte Herrschaften. Neuverliebt in eine ganz kleine, ganz weißhaarige, ganzganz alte Frau. Es steht ein Spielzeugsofa auf dem Tisch, man kann aus einer Kiste fürn Euro Comics kaufen (ein Fieselschweifheft!) und eine alte Frau einer Tischgesellschaft zuppelt dem eben aufgestandenen Mann der Tischgesellschaft am Hemd rum. Wir nehmen einen dicken Esoterikkatalog mit, so im Vorbeigehen, da kann man das Plüschtier „Energie-Delfin“ bestellen, das nach speziellen Verfahren mit guten Energien aufgeladen worden sei. Das ist so gemein. Wir überqueren den Fluss per Fähre, die schwimmt im Wasser (surprise!), die hängt mit Seilen an einer Seilbahn. Am Ufer Spielplatz nach Spielplatz und wir schaukeln. Wir schaukeln! Gruselt mit Schwung zurück und kribbelt bei Flug nach vorne, wir lachen, uns wird schlecht, es ist so schön. Später „besitzen“ wir ein Denkmal und haben uns dieses schlechte Wortspiel noch nicht mal selbst ausgedacht. Wir sind nach so sieben Stunden in Hanau angekommen, ein 25km Umweg. Leute haben schon alberne Kennzeichen (Hu-) und die Rotlichtgassen duften nach Essen. Die Kinder, die den Marktplatz bespielen, eines verliebenswerter als das andere. Winkt uns eine Emily zu. Ohrwurmt sich das 18-Uhr-Glockenspiel in unseren Kopf. Wir kehren ein. Doppelte Portionen für die ausgezehrten Pilgerinnen. Sie hat Blasen galore und ich Bauchschmerzen vom Lachen. Die S-Bahnfahrt nach Hause ist nicht der Rede wert. Wir legen die Füße hoch.