Eigentlich habe ich mich an den Schreibtisch gesetzt, um Hausaufgaben für die Uni zu machen, eine Seite für Bourdieu und die noch offene Frage, wie anekdotisch ich darin werden soll, ein Unbehagen zu eigenen Erfahrungen mit Habitus und kulturellem Kapital auszudrücken, für das Bourdieu a remedy sein könnte, oder lieber so tun, als schreibe ich einen wissenschaftlichen Text, wie alle anderen, die so sichtbar einen anderen Habitus imitieren. Am Ende ist es egal, hauptsache eingereicht.
Stattdessen habe ich mich hier festgelesen, drei Jahre durchs Archiv. Es ist ein Regennebel auf den Unterarmen. Ich will nicht von allen gelesen werden, das ist das eine. Das andere ist: ich lese mich selbst so gerne. „Werde, die du bist“ sagt Hedwig Dohm, es steht im Regal als Titel auf einer Anthologie mit Texten deutschsprachiger Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts, lavendelfarbener Buchumschlag. Ich browse (brause?) durch meine Textschnippsel, fast eine Dekade alt, und denke: bin ich schon. Wie schön ist das. Und anderes. Wie viel Schreiben im Alleinsein lag, in Unsicherheit und Wundern. „Should I choose the smoothest course?“ fragt Disney’s Pocahontas und ich fühle mich ertappt – ich bin nicht mehr allein, ich bin abgesichert, of sorts. Aber darin ist eben wenig Text.
Was anders war: ich fühle mich so da durch (alles noch da, all the feels) und denke, ja, wieder alleine irgendwo hingehen, wo gelesen, getanzt wird, dort schreiben und dann fällt mir ein, geht ja gar nicht, Corona. Ich lese mich durch einen missverstandenen Flirt, in dem ein Verlagsmitarbeiter mir ein Kompliment zu meinen Grübchen macht und bin berührt, es liest sich lieb, wie ich es geschrieben habe. Aber auch in die Welt lächeln geht nicht gut, mit Maske. Also lächle ich in den Text; den der ist, den der wird.
Schön, dass Du wieder da bist. Ich lese Dich gern.