15.1.

Ein Bad nehmen, so heiß, es ist ein Dampfbad. Eigentlich ein Ölbad, meine Ellbogen rutschen auf meinen Oberschenkeln ab, während ich tippe. Ich habe kein Thema heute, nur Dinge vor mich hin erledigt und jetzt habe ich mich daran erinnert, dass es Adiemus gibt und höre alte Adiemus-Alben und kann mitsingen, als sei nichts gewesen. Meine Ölbadekugel glitzerte kupfern und riecht nach Aftershave, das war nicht, was ich erwartete.

Apropos Erwartungen, heute sehe ich viele Diskussionen zum neuen Werbespot von Gillette und auch ich bin beeindruckt. Natürlich mit allen caveats, es ist Werbung, es will was verkaufen, das Unternehmen dahinter verkauft auch andere Dinge, die sexistisch vermarktet werden und so weiter. Und trotzdem, das war so… gut gemacht. Nicht nur gut gemeint. Ich sah vor ein paar Tagen schon die deutsche Version der Werbung zwischen meinen Timehop-Rückblenden. Sah sie mit erhobener Augenbraue, ein „Huh, interesting“, als ein Podcaster erzählt, dass er starke Frauen(tm) interviewe, die ein Vorbild für Frauen seien, und für Männer. Aber dieser Werbespot ist so viel interessanter, weil er Männern nicht nur auf die Schultern klopft, was sie Tolles machen für Gleichstellung, sondern weil er gewaltvolle Männlichkeit infrage stellt, und die Lösung: nicht heroische Akte, um Frauen und Mädchen zu beschützen, die nur in Beziehung zu Männern Bedeutung haben, sondern Alltagsinterventionen, um Gewalt von Jungs gegen Jungs zu beenden, um ein Vorbild gegenüber Jungs zu sein. Das fand ich bemerkenswert. Bei Gewalt, die von (männlichen) Zeugen gebilligt wird, #boyswillbeboys, und das fast mit Script, was man sagen kann, um dazwischen zu gehen, um Fürsorge zu zeigen gegenüber dem verfolgten/verletzten/belästigten Jungen. Ich musste denken an einen Text, den ich vor vielleicht zehn Jahren von einer Person aus der Werbebranche gelesen habe, darüber, dass Sex sells nicht stimme, sondern dass positive Emotion, verknüpft mit einer Marke, das ist, was für Marketingerfolg sorgt. Ich kann nicht lügen: ich musste mir Mühe geben, Tränen zu verkneifen, auch wenn es peinlo ist. Die Werbung funktioniert aber nicht nur als Werbung an sich, sondern auch als public service announcement zu toxic masculinity. Die Reaktion von gekränkten Typen, die die Werbung scheiße finden, weil sie ihr Verhalten nicht reflektieren wollen, spricht für sich.

Und dann kann man sich fragen, was das für feministischen Aktivismus bedeutet, wenn feministische Botschaften so in Werbung übernommen werden. In dem Fall denke ich: ein guter Anlass, um allen, die Männlichkeitsnormen infrage gestellt haben, in den letzten Jahren Jahrzehnten Jahrhunderten, Danke zu sagen. Das ist euer Verdienst, you made this possible. Weil dieser Werbespot ohne diese Arbeit nicht möglich gewesen wäre, weil er insbesondere auf dem Aktivismus der letzten Jahre aufbaut. Außerdem glaube ich, Werbung in dieser Form kann ein geeignetes Medium sein, um viele Männer zu erreichen, die in ihrem Alltag nicht mit kritischer feministischer Literatur konfrontiert sind. Ganz egal, ob sie sich rasieren, oder nicht.

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