Ich bin so müde. Es ist 20 Uhr, so ungefähr und ich liege bereits im Bett. Mit geputzten Zähnen, mit gewaschenem Gesicht. Wobei ich zweifle, ob man das waschen nennen kann – ich habe mir einen nackten Reinigungsbalsam gekauft, so nennt sich das, aber es ist mehr so, als würde ich mir damit jeden Abend das Gesicht einölen, als dass es wirklich sauber würde. Hauptsache Lavendel, ich konditioniere mich jetzt jeden Abend ein bisschen.
Ich bin so müde. Um sechs Uhr früh war ich wach, das Baby wollte nicht aufhören zu trinken, und ich hätte mich gerne noch mal herumgedreht, um wieder in Schlaf zu fallen. Aber ich hatte nur die Wahl zwischen Schreien aushalten oder Stillen aushalten und dann war ich wach und wollte aus dem Bett und habe alle anderen geweckt. Morgens bin ich selten mit den Kindern zusammen, das ist nicht mein Schlafrhythmus, wirklich, aber ich mag es sehr. Das große Kind aufmerksam verschmust, vor uns Toast und Kaffee, ein in den Tag hineintröpfeln, ehe mein significant other die Kinder mitnimmt in die Kita und von da aus weiter zieht. Ich muss mich zusammenreißen, um nicht wieder ins Bett zu gehen, und wenn mir das gelingt, glaube ich ich kann alles, so leer, so offen der Tag in meinem Schoß. Bis mittags wird, und ich ohne Nickerchen, bis Nachmittag wird und mir in der Kita-Garderobe die Augen zufallen.
Ich bin so müde und habe einen Ohrwurm von Hoppe, hoppe, Reiter. Dankbar, dass es nicht mehr „Da hat das rote Pferd sich einfach umgedreht“ ist (bitte, gerngeschehen). Ein Kind schläft im Kinderzimmer, ein anderes darf noch einen Ausflug in den Supermarkt machen. Ich muss heute nichts mehr machen. Neben mir ziehen grüne und braune Schwaden aus dem zart geöffneten Windeleimer in Richtung meiner Nase, am Lavendelfilm vorbei. Wenn ich hiermit fertig bin, drehe ich mich in die andere Richtung. Für mehr bin ich – zu müde.